4. Reibahlen-Typen

4.1 Vollhartmetall-Reibahlen

Bei den Vollhartmetall-Reibahlen unterscheiden wir in Reibahlen die komplett aus VHM gefertigt sind und HM-bestückte Reibahlen.

Reibahlen aus Vollhartmetall sind extrem verschleißfest und eignen sich hervorragend für Arbeiten mit hohen Schnittgeschwindigkeiten.

Die Hartmetall-bestückten Reibahlen haben einen Grundkörper aus Stahl, welcher mit HM-Schneiden oder einem HM-Schneidkopf bestückt ist.

Je nach Einsatzzweck sind diese Reibahlen auch mit einer Beschichtung verfügbar. Vielen Typen sind zudem auch mit Innenkühlung ausgestattet.

Bei besonderen Ansprüchen an die Oberfläche werden auch Reibahlen aus CERMET eingesetzt. Dieser Schneidstoff besteht aus Titan- und Tantalcarbiden und ist in seinen Eigenschaften dem VHM sehr ähnlich.

VHM-Reibahlen


4.2 HSS-Reibahlen

Reibahlen aus HSS haben grundsätzlich eine geringere Härte als VHM, sind aber im Vergleich deutlich elastischer. Bei den HSS-Reibahlen wird zwischen „HSS“ und „HSS-E“ unterschieden.

Die HSS-Reibahlen bestehen aus reinem Schnellarbeitsstahl. Beim HSS-E enthält der Stahl eine 5 % (HSS-C05) bzw. 8% (HSS-C08) Legierung mit Kobalt. Diese führt zu noch höherer Elastizität und Hitzebeständigkeit.

HSS-Reibahlen


4.3 Stirn-Reibahlen

Stirnreibahlen sind Reibahlen mit schneidender Stirn.

Der besondere Anschnitt sorgt dafür, dass die Reibahle nicht zwingend dem vorgebohrten Loch folgt, sondern sich selbst führt. So können auch höchste Anforderungen an die Fluchtgenauigkeit hintereinanderliegender Bohrungen realisiert werden.

Weiterhin kann mit der schneidenden Stirnfläche auch der Bohrungsgrund bearbeitet werden.

Stirnreibahle


4.4 Kegel-Reibahlen

Das Reiben konischer Bohrungen erfolgt mittels Kegel- oder Konusreibahlen.

Zu dieser Gruppe gehören Kegelreibahlen, Morsekegelreibahlen und Nietloch- bzw. Stiftlochreibahlen.

Die Kegelreibahlen werden nach dem Kegelverhältnis unterschieden, gebräuchliche Verhältnisse sind z. B. „1:10“,  „1:50“, „1:100“. Das Kegelverhältnis und damit der Kegelwinkel sind definiert. Die Reibahlen sind dann in verschiedenen Größen verfügbar. Als Nenndurchmesser wird der kleinste Durchmesser, an der Kegelspitze, angegeben.

Die Morsekegelreibahlen dienen zum Reiben von Bohrungen mit Morsekonus. Durchmesser und Neigungswinkel sind in den 7 verfügbaren Größen vorgegeben und mit MK0 bis MK6 bezeichnet.

Die Nietlochreibahle findet Ihren Einsatz in der Vorbereitung oder Nachbearbeitung von Nietlochbohrungen. Mit Ihr wird der Versatz von gegenüberliegenden Bohrungen korrigiert und diese in Flucht gebracht. Weiterhin können vorhandene Bohrungen damit vergrößert werden.

Mit der Stiftlochreibahle werden durchgehend konische Bohrungen gerieben. In diese werden Kegelstifte (DIN 1 – EN22339, DIN 258 etc.) mit einem Kegelverhältnis 1:50 eingesetzt.

Kegelreibahlen


4.5 Hand-Reibahlen

Bei der Handreibahle erfolgt die Führung und der Vorschub „per Hand“. Die Schnittwerte sind entsprechend klein und daher werden sie aus HSS (Schnellarbeitssstahl) gefertigt.

Zu besseren Führung innerhalb der Bohrung verfügt die Handreibahle über einen langen Anschnitt. Am Schaftende befindet sich ein Vierkant, zur Aufnahme im Windeisen

Handreibahle


4.6 Verstell-Reibahlen

Diese Art der Handreibahle ist mit verstellbaren Messern ausgestattet.

Der gewünschte Durchmesser kann, innerhalb eines vorgegebenem Verstellbereiches, selbst eingestellt werden.

Die Verstellreibahlen kommen hauptsächlich bei Montage- und Reparaturarbeiten zum Einsatz.

Verstell-Reibahlen


4.7 Dehn-Reibahlen

Dehnreibahlen lassen sich, dem Namen entsprechend, im Durchmesser weiter dehnen. So kann bei Verschleiß die Maßhaltigkeit wiederhergestellt werden und die Standzeit erhöht sich deutlich.

Das Nachjustieren erfolgt mittels der Stirnschraube. Diese sitzt stirnseitig im Reibahlenkopf. Der Durchmesser der Reibahle lässt sich, entsprechend dem Ø-Bereich, begrenzt dehnen – i.d.R. ca. 0,03 bzw. 0,04mm.

Hinweis: Die meisten Dehnreibahlen können beim Verstellen nur größer gestellt, also gedehnt werden. Beim Zurückstellen wird sonst die Vorspannung zurückgesetzt.

Dehn-Reibahle


4.8 Sonder-Reibahlen

In komplexen Bearbeitungen und Bauteilen sind dem Einsatz von Standard-Reibahlen oft Grenzen gesetzt. Hier sind Sonderwerkzeuge mit spezifischen Längen oder Konturen gefragt. Gängige Ausführungen sind z. B. Form- bzw. Stufenreibahlen und auch überlange Reibahlen.

Die Konstruktion der Reibahlen erfolgt dann entsprechend der Bauteilzeichnung oder einem Muster.

Diese Sonderreibahlen werden hauptsächlich aus VHM gefertigt und bei Bedarf mit einer Beschichtung versehen. Aber auch HSS(E) oder hartmetallbestückte Reibahlen sind möglich.

Auf Grund der höheren Werkzeugkosten kamen diese Sonderwerkzeuge vorrangig in der Serienfertigung zum Einsatz. Heute können sie deutlich effizienter und kostengünstiger produziert werden. So sind auch kleine Stückzahlen wirtschaftlich und Losgrößen ab 1 Stück durchaus üblich.

Sonderreibahlen